// “Oh Kuchen
wie schön du sprichst
gibt es etwas
das du nicht weißt über mich?” //
Heldengeschichten. Um Knotenpunkte dreht sich diese andere Welt. Gedanken gewickelt zu einem Ball aus Wolle, aufgefädelt voller Knoten und Gewirre. Der rote Faden geht verloren – ich hab ihn losgelassen – kein Ausgang. Wir meiden die Menschenwelt vor Orten. Aber ich war ausgezogen. Aus eigenem Antrieb gegangen.
Ich bin hier und da gewesen. Rast ist an diesem Ort fremd. Es wird nur schwarz für ein paar Stunden. Die Schicht, die die Menschenwelt bedeckt. Stellen sollte man sich nur dem gewählten. Ich bin hergekommen um darüber zu sprechen, aber sie kennen den fiktiven Ort – “wage es nie darüber zu sprechen” – ich breche mein Schweigen: Frag dich selbst, warst du schon einmal dort?
Aus dem Stamm sprossen Hände als Äste. Zungen steif wie Blätter dran. Fasst man sie jedoch an brach die fleischige Masse ab wie Zuckerguss. Die Früchte, die hängen waren Augen, mit Haut bedeckte Äpfel, zu einem drehend den Blick gerichtet. Jedem Licht folgte sein Schatten. Jeder Bewegung folgten Echos, die meine Stimme an den Rand dieser Welt drängten, wo sie wohl verharrten um zu verstummen. Die Pflanzen um mich herum blühten in grotesken Szenen. Ein Auge fiel mir in den Schoß. Ich nahm es auf und legte es neben mir ab. Es sah mir weiter über die Beine drüber, seinen Blick streng gerichtet auf das was ich tat. Sein Lid das schlug nur hinab, wenn meine Augen es taten.
Der Wind war süß. Das schrieb ich auf. Es war eine einfache Beobachtung. Ich musste meine Zunge nicht verrenken. Zungen flogen um mich herum zum Boden herab. Der ganze Hügel war gespickt mit ihnen, verrankt im Dornenwuchs des Stacheldrahts. Ich hörte Flüstern hinter dem hohen Dickicht der Szenen von Frauen denen die Kontrolle genommen wurde und dachte ich, ich hätte verstanden, hörte es schlagartig auf – es sprach von Macht und Gelüste einem Spiel ohne festgehaltenen Brauch. Ob ich nicht Lust hätte zu einem kleinen Spiel, das nicht viel kostet mit einem Wesen ohne Form. Einem Wesen aus lüsternster Vorstellung. Ich hörte nicht hin. Es war nur ein Flüstern aus den Tiefen des dunklen Dickichts. Geh niemals hin, die Stimmen werden nur lauter.
Ein weiterer Augapfel fiel in meinen Schoß und bei dem Anblick der geschlossen Frucht verspürte ich einen tiefen Hunger. Das Flüstern saugte mich aus. Ich zog das Lid vom Körper ab, biss hinein und das weiß verschwom wo meine Zähne eindrangen; und aus dem Weiß darunter spritzte mir der Saft auf das Pergament in meinen Schoß. Rote Kleckse auf getrockneter Haut. Ich nahm es auf und schüttelte die Tropfen ab, aber der Fleck war gemacht und daran war nichts zu ändern. Er würde verweilen in den Fasern zwischen den steifen, Flüssigkeit mangelnden Proteinketten. Eingeschlossen.
Ich stieß den angebissen Rest des Augapfels von mir. Er kugelte den Hügel hinab, den Rillen des Muskels in der Bahn folgend und brach auf seinem Weg Harre ähnlichen Grashalmen die Köpfe ab, auch sie danach bedeckt mit dem Rot. Es quoll an ihren Spitzen heraus, sammelte sich an und floss ihren Stand herab.
Das Rote gleich dem das mir zwischen den Zahnlücken hervor tropfte. Wie lange war ich hier geblieben? Ich holte meine Zähne hervor und fing an zu zählen. Fünf, sechs und sieben. Ich wusste was ich mir damit kaufen würde. Ich kannte die Preise fast auswendig. Ich ging wann immer ich konnte. Zähne zählen. Das machte ich gerne. Wenn ich welche fand, weil jemand sie verlor, dort wo niemand hinsah oder in der Mitte des Weges, entlang wo sie alle wanderten, steckte ich sie ein. Viele der Zähnen waren nicht meine eigenen. Es passierte trotzdem nicht oft das ich welche fand, daher dachte ich auch nicht darüber wo sie herkamen. War mir egal ob sie aus den Taschen der Backen oder aus denen der Hosen kamen.
Ich lachte, da fing es an zu regnen. Die Augen auf dem Baum schlossen sich mit den ersten Tropfen. Sie sahen nicht mehr auf mich hinab. Von den Zungen fließend hinab, durch das Netzwerk des Blätterschmucks, bahnten die Tropfen sich den Weg durch die Ritzen des überlagerten Zungengewebes – Einzeln – auf meine Stelle unter dem Baum, wo ich über das Ausmaß des Erguss blickte. Unter dem Gewicht der reinen Physik – vom Himmel gefallen war das Blut mit der Geschwindigkeit, die selbst die spröden Zungen brachen, auch wenn sie nicht besonders trocken waren. Es war ein Filter eingebaut in diese Realität. Die ersten gehen unter, ohne das die unteren es bemerken.
“Ein Fall mit vielerlei Gründen”, erzählte mir ein Schrecken ohne Gesicht in einer Erinnerung, die ich gegen meine Zähne erstanden hatte, “auch wenn die Zungen nur unter dem Einfluss der Natur brechen”, und viele fielen um mich herum in Stücken zu Boden. Übersetzt brach sie die Zeit. Fleisch traf auf Fleisch. Ein Geräusch verbunden mit Willen. Ein Lüsternes Gefühl. Ein Kribbeln, und der ganze Hügel zitterte mit mir. Die Muskeln krampfen und für eine Weile schwingt alles unter meinen Füßen. Angst war was ich fühlte, unter dem Baum im Regen gefangen.
Raben krähen aus der Ferne und war ich starr in all der Zeit in der sie näher kamen, das Krähen war mir recht gewohnt geworden und ich freute mich bis sie über mir, auf den sprießenden Armen, und neben mir auf dem Muskeln saßen. Sie wachten über meine letzten Tage. Sie hörten wohl das Geklapper meines Skelettes hallen; den letzen Jammer, meinen Atem und der Regen der ihm folgte, über die Luft schwingen.
“Haltet euch warm an mir, ihr Kreaturen”, biete ich ihnen an. “Ihr Vögel aus deren Rachen Tentakel wachsen, wie ein Geschwür. Ein Stülpen, innen nach außen. Immer wieder, ist der Raum dazwischen gar wo du dich versteckst, Wesen? Der Moment bevor sich dein Inneres nach außen kehrte?” Nein sie reden nicht mit mir direkt. Sie picken nur an der Frucht, die ich neben mich gelegt hatte. Zwei, drei…gierig und mit jedem Schnappen und schlingen, murmelten einer von ihnen ein weitere, an mir verlorene Weisheit mit einem der, im Zentrum des Tentakelwuchs, entstandenen Mündern. Wie oft sie sich wohl schon gegenseitig ihre Märchen erzählt hatten, alleine, im Frass?
Ich holte aus nach ihnen, aber sie sprangen nur so weit sie mussten. Ich bekam keinen von ihnen zu fassen. Ich stand auf und tauchte mich im Rot des Regens, sie flogen auf und kreisten über mir, egal wie weit ich ging, sie ließen nicht ab. Sie begleiten mich und ich ging gerade aus bis das Blut um mich nicht mehr aus dem Himmel floss.
Ich folgte dem Weg und kam am selben Ort an.
Er war anders aber er war gleich. Minimale Veränderungen – andere Muster in denen die Hände aus dem Rückgrat wuchsen. Nicht mal die traumatische Erinnerung bleibt dir hier einzigartig. Manchmal frage ich mich was ich in dieser Welt darstellen soll? Bin ich ein Teil von ihr oder die Antithesis? Ist es nur fügen, lernen durchs folgen, lernen davon ein Teil zu sein und dich dann besser fühlen in der Szenerie während du den Alptraum nach spielst? Vielleicht tat ich das instinktiv bereits. Ich folgte der Routine, dachte dabei aber nicht gleich. Den Biss setzte ich nicht genauso tief. Der Hunger war da, aber nicht vergleichbar. Sollte es sich so anfühlen?
Die Raben zerfetzten den Apfel der neben mir lag. Einige bekannte Weisheiten die gemurmelt wurden, andere Wahrheiten die ihnen im Moment das erste Mal im Schnabel hängten. Ich dachte darüber nach einen von ihnen zu fangen, zu verspeisen. Ich hatte das schon mal getan…nicht? Ich würgte die fliegenden Wandler tot, spießte ihre Kadaver auf einem Ast auf. Mühte mir ein Feuer ab mit dem Streichen von Zungen, und Zunder aus Haaren. Aber als ich die Leiche des Vogels über das Feuer hielt, erneuerte sich das verkohlte äußere. Die Federn mögen Asche schlagen, doch sie perlten die Flammen vom Körper ab. Das Tier geriet nicht in Brand…was Feuer fing, stieß es in der Transformation ab. Ich sah dem kreischenden Boten seine Wahrheiten herausschreien, während er sich um den Stock immer wieder neu erfand. Aus Verzweiflung biss ich roh in ihn rein, aber der Hauch von Geschmack den ich empfand war fahl. Der Bissen nährte mich nicht. Neu erfunden außerhalb, bevor der Rabe im Magen ankam.
Ich entschied mich dagegen. Stattdessen grub ich ein Loch dort wo ich saß. Meine Nägel rieben die Fasern ab, entblößten die nackten Stränge an Gewebe. Ich riss sie raus, bis eine kleine Grube vor mir Gestalt annahm. Ich grub tiefer. Denn Wahnsinn ist es nur wenn man tut was man schon getan hat. Ich hab das schon getan nicht wahr? Woanders. Zumindest hatte ich es oft durchgespielt, jetzt hatte ich es getan und es machte doch keinen Unterschied. Es war nicht das erste Mal. Es erwischte diese Welt nicht unerwartet. Eine Lacke an Blut sammelte sich auf dem Boden, gleitend von den entblößenden Muskelwänden der Grube.
Ich nahm mein Pergamentstück heraus und hielt es hinein. Drückte die dünne Schicht in die Flüssigkeit, die Worte die ich aufgezeichnet hatte verschwanden – die ganze Seite war in rot getaucht, ich zog sie heraus mit einem Finger an einer Kante, und die Schriftstück tropfte ab was nicht aufgesaugt wurde.
Es tropfte zu Boden und der Muskel drang die Flüssigkeit die ihn weich und am Leben hielt. Mein Blatt war wieder komplett leer, getränkt von dem was ich für essentiell in dieser Welt hielt. Ich faltete das Pergament zu einer Rolle und ich ging gerade aus. Ab vom Weg den ich für sicher hielt, hinaus, einfach nur gerade aus und nichts geschah mir. Ich ging vorbei an Bänken aus Zahn mit mehr Zacken in der Krone als üblich, Ranken aus Keratin die den weichen Kern aus Fleisch beschützten, naturelle Formationen und Monumente, die man baute, und zu deren Hinweis auf ihren Ursprung sich nur noch in ihren Formen befand.
Ich kam an einen Platz an. Weit, horizontal und in alle Richtungen leer. Eine Uhr darüber türmend. Laut tickend. Der Apparat der die Zeit anzeigt niemals stehend. Immer lauter wird das Echo in den Gassen, die die Vibration der Luft auf dem engen Platz wie ein Raum mit Wände einfingen. Dann springt ein Zeiger weiter, und plötzlich füllt sich der ganze Platz mit stillen Gestalten. Individuen die aneinander vorbeistreifen als wären sie immer da. Sie tragen keine Gesichter, daher weiß ich nicht ob sie sich umsehen können. Ich wusste nicht ob sie mich sahen. Ich war in der Mitte gefangen. In einen Meer aus verschiedenen Farben die die humanoiden Gestalten trugen. Ich hatte hier viel Zeit verbracht im Sitzen in Mitten des Tummeln, daher hatte ich keine Angst. Ich wusste wie die Farbe und die Bewegung mit der Zeit zusammenhing. Alles was ich tun musste war…Warten. Es würde wieder aufhören und währenddessen kann mich entspannen, denn den Zeigern im Kreis zu folgen war beruhigend. Die Zeit mit den vorkommenden Farben zu verbinden und aufzuschreiben. Eine Tabelle zu kreieren. Alle Vorkommnisse und Muster zu sehen. Das war einst was ich gerne tat, aber mein Blatt war jetzt rot und ich wollte das es noch eine Weile in einer Farbe bleibt. Also dachte ich nicht daran was 5 vor 12 mit den Farben tat, ich wartete einfach ab, bis es soweit war, und als der Raum frei war, tanze ich 3 meiner 5 freien Minuten als wäre ich alleine und tat so als würde ich Musik hören. Ich hatte mal selbst eine Gestalt auf einem Platz dabei ertappt und fand es eigentlich ganz beruhigend. Vielleicht konnten sie nur Bewegung wahrnehmen? Vielleicht konnten sie die Musik hören? Vielleicht drehte sich in ihren Köpfen Ballerina auf einer Spieluhr? Zuerst hielt ich das für eine schöne Sache dann wurde mir klar, das es jeden Tag zur selben Zeit tanzte.
Über sie nachzudenken brachte nichts. Ich hatte es einmal versucht.
Denn bleibt man lange genug kann man ihnen in ihre Gesichter sehen – den Clowns während der Jonglier Routin’. Konzentrierte Fassade unter beschmierten Gesichtern. Wenn sie lächelten erstarrten ihre Winkel und sahen sie traurig aus, so konnte man gut Witze reißen. Sah ich zu lange hin, dann fühlte ich mich wie sie. Es steckte an. Ging von ihnen zu mir über. Aber darauf hatte ich schon nach dem ersten Mal keine Lust. Es war ein Kribbeln, das dir über die Haut krabbelte. Nagte an den kleinen Zellen die von meiner Haut abstanden.
Ich sah ihnen noch etwas zu.
Dann ging ich weiter, bevor die Uhr wieder schlug.
Ich wanderte vorbei an den selben Dingen, dann kam ich zu dem Podest das ich suchte. Es war gemacht aus Fingern, die aus den Längen wuchsen und eine Schale aus Aluminium oben hielten. Darin war Kuchen. Ich hatte ihn nie probiert. Was hätte ich gewollt? Meine Erfahrung beschränkte sich auf das was ich gehört und fantasiert hatte. Daher beginne ich damit zu sagen: Ich mochte den meisten Kuchen eigentlich nicht. Er hatte nur einen Geschmack, war manchmal viel zu süß, zu viel, zu fett oder war schon falsch zusammengestellt in den Ofen geschoben worden. Manchmal war er blind kompliziertesten und exotischen Zutaten zusammengewürfelt und noch roh rausgekommen.
Ich hatte mir immer einen gut schmeckenden Kuchen vorgestellt bevor ich hineingebissen hatte. In der Vorstellung war er einfach, aber ausgewählt. Es kam nie vor das ein Kuchen zu mir spricht.
Krümmel kauen, damit fing ich an.
“Was nimmst du dir heraus?”
“Oh du süßer Kuchen”
“Ich kann deine Gedanken hören”
“Eine telepathisches Gebäck, wie schrullig”
“Ich höre sie gerne, sie lassen mich denken”
“Sie sind nur vergraben in einer größeren Grube. Ich bin nicht mehr als ein Niemand in dieser Welt”
“Ein Mensch ist mehr als die Reichweite seiner Chromosomen und die Summe seiner Geschichten.”, sagte der Kuchen
“Da ist ein drittes Element”, meinte ich darauf.
“Du verstehst nicht…”
“Bist du nun mehr als das oder kann ich von der vorläufigen Summe auf dein Leben schließen?”
“Kannst du es denn auf meinen Zustand in meinem Leben?”
Die Raben kamen angeflogen. Ich hatte sie nicht lange verloren, vielleicht bekamen sie mit wie mein Hirn sich freute und wurden davon angezogen. Sie kamen schnell näher und ich drehte mich zum Kuchen.
“Sag wertes Backwerk, wie stehst du zu Vögeln?”
Die ersten waren da, ihr Murmeln war so laut man konnte kaum sonst was hören und sie kamen im Sturz geflogen, da entschied ich mich – auch wenn ich wusste das sie niemals Schaden nehmen würden – all diese Raben zu töten. Ich nahm meine Hände als Waffen da und schwang sie mit mortaler Absicht, um mehr als nur zu Überleben, aus moralischer Überzeugung zu töten.
Meine erster Schlag traf die Spitze der Schwarmformation auf dem Schnabel. Des Rabens kleine Pupillen rissen auf als meine Faust Kontakt herstellte.
Der Rabe fiel aus der Luft und schlug am Boden auf. Das Ziel der anderen im Sturzflug änderte sich schlagartig. Seine Kameraden stoppten inmitten des Sturz, schwärmten um ihn, krähten ein Requiem, fragten immer wieder “Warum hast du das getan?” in einem ungleichen Chor. Manche bildeten die Melodie. Einige brachen die Harmonie. Andere komplettierten einfach nur den Akkord.
Ich nahm die Schale mit dem Kuchen von dem Podest aus Fingern. Die Obersten Griffel krümmten sich als die Glieder den Kontakt zur Schale verloren.
Ich rannte los. Einfach auf und davon.
“Was hast du vor?”, schrie mich der Kuchen an.
“Ich bring dich dort weg, früher oder später kommt wer und frisst dich auf…ich könnte das nicht mitansehen und nicht mit der Information leben, wenn ich sie höre. Ich bring dich wohin, wo ich es für sicher halte”
“Wo soll das sein, du Narr?”
“Morgen. Da sind wir die Raben los”
Und ich rannte. Es war wie ich sagte. Eine ganze Nacht und einen ganzen Tag hatte es gedauert, aber dann waren wir ohne Verfolger. Wir rannten still, es gab nicht zu sagen, wir beide wollten einfach weg. Als ich mir sicher war, setzte ich mich in einen Einkaufswagen und legte mir die Schale mit dem Kuchen auf die Brust.
“Wir sind jetzt alleine…”, sagte ich.
“Ja, das sind wir”, antworte der Kuchen.
Der Einkaufswagen stand in der Mitte des Endes einer Konstruktionsröhre. Neben uns stand ein einsamer Schuh. Wir standen am Eingang, im Schatten zur Grenze an wohin das Licht geworfen wurde, und ich sah hinein zum anderen Enden. Ich sah das Licht in einem Punkt zentriert. Ich hatte diesen Tunnel schon mal durchquert.
“Es gibt hier nicht viele Dinge mit denen man reden kann, deswegen wollte ich das”
“Ich denke nicht, dass das der Grund war, warum du zu mir gekommen bist”
“Ich dachte du könntest meine Gedanken hören”
“Ich höre auch das was du zwischen den Zeilen sagst”
“Weil das möglich wäre…”
“Weil du dich nicht selbst ansehen kannst”
Ich sah auf den Kuchen hinab. Er bewegte sich auf und ab mit meinem Atmen. Die Krümel purzelten über die Kruste der Kuchenhaut.
“Ich weiß wie ein Kuchen schmecken soll”, sagte ich laut.
“Belüg dich nicht, das bist du nicht”
“Die meisten unserer Gedanken sind fiktional und bleiben es auch. Und reagieren und agieren fühlen sich irgendwann gleich an. Vielleicht wenn ich die Augen fest schließe und nur deiner Stimme folge.
“Du bist nicht mehr blind. Sonst wärst du nicht hier”
Ein Rabe flog gegen einen Baum. Er brach sich das Genick und ich lachte laut auf.
“Erfrischend”
“Willst du es denn nicht anders sehen? Die Masse als deine Pflicht erheben? Du kannst alles ertragen, was du stemmen kannst, und nur so lange, das du nicht bald nicht mehr fragst, ob es überhaupt etwas wiegte. Das sind deine Erwartungen, die wiegen am schwersten.”
“Lass uns den Boden sehen. Dort kann ich dich essen ohne dass du dich verlierst”
“Weil du dort nicht existierst”
“Wenn du mich nicht mehr respektierst, nein dann nicht. Dann sind wir beide sicher vor mir. Ja, gehen wir…zur Treppe ins Nichts”
Dort angekommen, standen wir und schrien herunter. Wir warteten bis was hoch kam, aber wie immer blieb das Pfeifen des Windes alles was man oben hörte. Es drang nie etwas nach oben.
Ich sah hinunter in die Schale, blickte auf in die Dunkelheit, sah hinunter in die Schale und fragte: “Willst du dort hinunter gehen? Alleine würde ich nicht, aber dort unten kann uns zusammen nichts passieren.”
“Warst du den schon mal dort unten?”
“Alleine, ja und nein. Ich denke wir kommen alle dorthin, manche sind dort geboren und manche sterben dort. Ich weiß nicht, welche Stufen ich nahm, und welche ich übersprang, an welchen ich mich ausruhte, oder wann es war das ich aufhörte zu steigen…irgendwann stand ich oben am Ansatz, und der Boden war eben. Und seitdem gehe ich geradeaus, ja auch manchmal rauf, aber ich komme immer runter. Es ist keine Dunkelheit, kein wandern, kein Ausruhen oder fallen nach unten…”
“Kommst du oft hierher zurück?”
“Mehr als die meisten, und das mag hier nicht viel heißen, aber ich sehe dort immer wieder gerne runter. Ich fühlte mich besser dort. Es gab immer eine nächste Stufe zu nehmen. Es fühlt sich so an als hätte ich beim aufsteigen was verloren. Ich denke ganz unten bin ich auch ich geboren, als jemand anderer als ich gefallen ist. Das war einst meine Heimat. Ein Ort an dem ich mich fühlte…geborgen, mein Heim und im Vergleich ist jetzt alles was ich tue weitergehen.”
“Mhm”
“Hast du denn darauf nichts zu sagen? Ich kenne auch andere Plätze…die sind schön auf ihre Art”
Dort hing Speichel an den Wänden. Insekten kamen und setzen sich dagegen. Sie blieben hängen und wartete man lange genug sah man wie das Leben über die Zeit aus den Facetten ihrer Augen floss. Die kleinen Wesen kamen nicht umsonst. Die Insektoiden versprachen sich was. Sie kamen en’masse. Sie hatten nichts spezielles zu sagen, sie verstummten immer im selben Summen und Schwirren. Manchmal brauchten sie ewig bis sie sich entschieden ihrem Schicksal nach zu kommen. Wie verzweifelt sie ertönten, als sie erkannten, dass auch wenn sie sich an der Wand vollfrasen, sie sich auch von ihnen ernährte.
“Magst du was du siehst?”, fragte ich den Kuchen.
“Warum fragst du mich das?”
“Ich weiß nicht, was wäre wenn ich doch eine Fliege wäre, und das ist der letzte Traum eines Insektentiers, das seine Momente wie die zuvor erlebt, verbunden und untrennbar Abwechselnd. Unsortiert. Wie das Tier weiß ich nicht warum und wünschte ich wäre nicht hier. Was ist, wenn ich mich doch nur vollfresse bis der letzte Augenblick an der Reihe ist”
“Und doch empfindest du keinen Hunger. Nur das Gefühl nach dem mindestens, und wie du lachst”
“Oh Kuchen, jeder lebt in einer Gesellschaft außer ich. Was ich darstelle – alles in allem – ist nichts. Ein Störelement, etwas das Platz für etwas passendes wegnimmt und Dinge frisst, die nicht ihm gehören.”
“Man sieht dir doch an was du bist”.
Sie nannten ihn ein Negerkind, dann warfen sie Münzen und nannten ihn einen Juden. Als er sie aufhebte nannten sie ihn einen Idioten, waren sie doch nur wertlos und aus Schokolade. Dann sahen sie ihm beim essen zu, schweigend und schickten die Hunde als sie den Anblick nicht mehr ertrugen. Sie tauften die Attacke “Die Revanche an den Chinesen”. Die Hunde starben an ihrem Erbrochen, dank der Schokolade im zerfetzten Jungen. Cherokee – Tragödie – es wiederholte sich sehr gerne. Immer andere Gründe. Die Begriffe und Theorien nicht immer die selben, aber was er ist, dafür entschied sich der Junge schlussendlich immer selbst…er starb dafür, oftmals durch seine eigene Hand.
“Kennst du die andere Seite dieses Bildes?”
“Klar” und drehte ich den Gedanken auf den Kopf. Sah den Jungen bei anderen stehen und ihn mit Steinen wie mit Beleidigungen werfen und Knochen brechen. Ich lachte.
“Irgendwann wird es doch wunderschön. “
“Was hat sich geändert?”
“Nichts, nur die Leute herum.”
“Kann man dazwischen gehen?”
“Man kann nicht mit ihnen reden…nicht interagieren. Sie bemerken dich nicht mal. Als wären wir nicht hier. Affen machen Affensachen. Fiktion gibt eine Vorstellung in ihren Köpfen. Die Biologie, die uns zum studieren treibt, schwenkt auch um ins Töten. Der Wahnsinn ist drei Türen weiter. Willst du ihn sehen?”
Ich sagte “Hier” und wir blieben vor einer Türe inmitten eines offenen Feldes stehen. Die Pforte stand auf Gras. Nichts daneben. Sah man vorbei an der geschlossenen Öffnung sah man dahinter. Sie war aus Holz, und die Türblattfräsung mit seinen Längs und Querverbindungen ähnelte jenen zu einem gewöhnlichen Zimmer. Ich führte den Kuchen einmal um die Türe rum. Er war erstaunt und ich hatte geglaubt, jetzt hätte ich ihn am Ende seiner Weisheiten erwischt.
“Öffne sie schon”, drängte mich der Kuchen.
Ich ging hindurch und der Kuchen war weg. Er hatte mich wohl ausgetrickst.
Ich stand am flachen Feld mit leeren Händen. Ich sah zurück, zu dem was wir überschritten hatten, und nichts war anders bei mir blickte ich durch die Türe. Ich ging zu dem zurück was ich kannte.
Da tropfte Weiß aus den Wolken. Sperma. Wandernde Tropfen mit Wesen, bestehend aus Schwanz und Kopf. Kaulquappen auf der Suche nach Vollständigkeit. Vielleicht waren die Körperglieder, die ich vorwies, im Vergleich nur unnützer Anhang. Ich war mal gleich dem gewesen. Der Strom bedeckt den Wald in einer Schicht aus Leben. Weiß steht und von den Zungen der Bäumen tropfte es ohne Ende.
“Was will ich?”
Da wuchsen die Blumen, gedüngt von der frischen Saat, aus in großen Blüten. Ihnen entsprangen Föten. Es tropfte wie jeden Tag, das neugeboren Erbrochene, wie ein Schwall von der Blumensaat. Blutig liegend in ihrem Blumensaft. Die Nabelschnur verbunden mit dem Inneren, lagen die kleinen Wesen, schleimig, ihre Brust auf und ab hebend, ruhig und friedlich da.
Eine Flugmaschine fliegt über das Feld. Sie erledigt ihre Arbeit effizient. Sie kappt das Leben von ihrer Quelle. An den Schnüren wirft es das Kind zu den anderen. Sammelt ein die Früchte dieser Erntezeit.
Bald landen sie auf dem Fließband. Man reißt ihnen die Köpfe ab, die eigenen Augen nimmt man ihnen und stärkt sie mit vorgefertigten Teilen – Armen aus Blech, Hirne mit nassen Schwämmen und dann gießt man Stahl in ihre Becken. In ihre Brust gießt man Beton. In den Beton werfen sie verschiedene Dinge. Wenn man es sieht versteht man es schon. Die Gussformen sind so gesehen fast wieder schön. Sie glänzen manchmal im Licht des Tages.
Es war schön das zu sehen. Immer wieder aufs Neue. Manche blieben hier zurück. Manche frühreife Kinder verbrachten ihre letzten Tage auf diesen Blumen. Manche schwangen sich in der Not gedrungen von ihnen runter, sie rieben sich den Ursprungsschleim vom Körper, stapften und ich sah sie nie wieder.
Ich wurde melancholisch. Ich wurde so tief traurig. Ich vermisste den Kuchen. Ich wollte einfach eine Weile liegen und weinen. Ich wollte einfach etwas Ruhe. Wenn ich die Augen schloss, war alles ruhig. Immerhin…durch mein Handeln ließ es sich nicht von der Hand weisen.
Ich hab mir dieses Schicksal angenommen. Der Fliehende entkommt nie aus dieser Welt. Er brennt, während er rennt und rennt, um Hilfe schreiend, rennt im Kreis vor sich selbst. Gebunden für die Unendlichkeit an ein Token, Pilot ohne Schleudersitz – Maschine bestehend aus vier Beinen, einem Arschloch mit Zähnen, einem mit Noppen, an beiden Enden spritzt die Scheiße raus, einem Schopf und zwei Augen, die alles fangen was ihnen nicht entkommt. Aber es nie wagt nach dem eigenen Schwanz zu greifen, aus Angst, dass das Tier wenn Belästigt vom Weg abkommt. Zu rennen ist besser als zu stoppen.
Die Zunge rieb ich am Knochen bis der fleischige Zunder Feuer fing. Ich steckte mir eine Idee an , und brannte sie in großen Atemzügen vor mir runter. Den Stummel drückte ich in einer meiner Gruben – ich grub sie jetzt ohne zu hinterfragen – aus. Da waren einige gesammelt nach einer Weile, denn ich rauchte in einer Kette und als ich in die Grube sah, da sah ich wie es in mir aussah. Schwarze Flocken treibend in einer roten Pfütze. Verrauchte Zeit. Ausgebrannte Ideen. Stummel, die sich klumpen und Bilder ergaben. Neue Formen durch alte Wesen. Die Künstler würden versuchen das Bild einzufangen, aber sie sind genagelt an die Decke dieser Welt, mit Nähten an den Linder dazu gezwungen die Augen offen zu halten und sie nie zu berühren.
Ich steckte mir eine neue Idee an. Keine gebunden an eine Realität. Es war wie immer meine Letzte. Ich nahm einen Stein und schlug ihn gegen einen anderen. Den Funken fing ich auf. Und der Wald um mich herum fing mein Feuer.
Wohin warst du nur gegangen, Schichten Süßgebäck? Ich war kaum unter deine Oberfläche gedrungen, und dann warst du weg – von einem auf den anderen Moment. Ich fühlte mich verlassen. Und ich tat was verschmähte Seelen nunmal tun, sich selbst aus der Natur nehmen, und was es ohne mich war, das war zu gut um es lange mit anzusehen. Ich ertrug es nicht…wie widerspruchsfrei die Welt da draußen rannte. Die Asche fliegt zu Boden. Die Augäpfel krusten und krümmen sich, zischen und knacken wie die Flammen, die sie erfassten. Der Wald brennt und ich hatte es entfacht. So schön lichterloh. Der Zauber eines Tanzes in der Luft. Leicht, verbrannter Fleischgeruch. Doch ich atme und es bebt – und mit mir aufkommt der Widerspruch in der Welt die mir fremd ist.
“Belüg dich nicht selbst. Diese Welt war immer deine. Du hast sie gefüllt mit Leben oder mehr präzise, dir gewählt ihre Leere”, flüsterte ich mir zu.
“Ich hab diese Welt erschaffen. Es ist mir dem sie gehört, der das Feuer legte. Ich hüllte sie in Flammen und ich war es der entschied mich gegen die Drachen. Fliegende Schwingen, beeindruckend, feuerspuckend und ich nahm den Kanister. Lauschte lautem Lachen. Mein Hallen in dieser leeren Welt…verstummt in den Ecken…ungehört”
Trocken, schrumpfende Augen fielen zu Boden. Sie sahen aus wie Kohle. Ich hatte meine Augen wieder offen.
Ich war in Ruinen einer Stadt aufgewacht. Ein Vulkan hatte seinen Rauch und Staub über die Strukturen geweht und alles erstickt, was gelebt hat. Ich klopfte mir den Staub ab. Ich wischte mir den Russ runter. Es war Zeit die nihilistische Haut von sich abzukratzen, deren Ziel es schien einfach zu verkümmern und übers Verkümmern nachzudenken. Ich schätze da draußen gab es nichts ernsthaft Nachhaltiges zum jagen. Kein Hoch der Welt gibt dir einen Wert, du reizt nur die Maschine aus, die dein Zentrum in Balance hält. Ich glaube ich war ein wenig verloren und das erste was ein Verwirrter macht ist an den letzten Punkt zurückzugehen, der ihm bekannt vorkam. Da ist ein Hirn, eingelegt in einen Tank, das sich selbst erzählt, das es toll ist. Dann gibt es sich einen Orgasmus. Dort drinnen waren die Gedanken sicher und der Schmerz nicht spürbar. Mit Steinen konnte man es nicht bewerfen. Die Wände waren zu dick. Das Hirn lag in seinen eigener Flüssigkeit und erfuhr sich selbst.
Unberührbar, regungslos in seinem Aquarium. Ich wollte es retten, klopfte gegen das Glas aber der Schlag übertrug sich nicht mal in die Flüssigkeit über. Es blieb still im Glascontainer.
Wir waren getrennt, gesetzt in derselben Welt, so weit voneinander entfernt, man hatte zwischen uns ganze Universen gestellt und uns nicht mal vom anderen erzählt.
Ich war kein Held dafür das ich es versuchte. Ich war geplagt von Fragen. An das Wasser von der Wüste. Ich knüllte mein rotes Papier zusammen und warf es zu Boden. Spürte es darin überhaupt eine Sache? Fühlte es die Wellen Schwaben, eingelegt in der Materie?
War es wichtig?
Mein Herz quälte mich daher tat ich dem Gurkenglas Leid an. Wir sprachen ja nicht die selbe Sprache. Ich wendete mich ab und wagte anders – nicht Orpheus ähnlich – keinen Blick zurück. Dafür musste ich mich nicht umdrehen. Es kam mit.
Ich trat vor das Bild in meinem Blick – ein Gemälde, es zeigte mich und wo ich verweilte. Trotz der Farben, der Komposition, des gewollten Licht..es wurde dem Abgebildeten nicht gerecht.
Ich hab mich immer gefragt wie diese Welt enden würde. Es würde wohl unspektakulär werden wenn es passiert. Ein Blitz und alles wird schwarz. Ich schrie. Dann ging im Himmel das Licht aus. Ich zog die Beine zu mir. Verspürte keine Trauer.
Ich saß nackt gekauert, vor dem Bild. Es begann zu leuchten trotz des schäbigen Inhalts.
Die Fötusblumen, die Kannibalenraben, Mäzenreisen, Kuchenfragen.
Ich vermisste was ich sah bevor ich aufbrach.
Da wusste ich.
Ich hatte mich verändert.